Massagepistolen sind ein Trend aus den USA. Durch schnelle, kraftvolle Vibration sollen sie die Muskeln lockern und so (tiefer liegende) Verspannungen lösen oder können ergänzend zum Sport verwendet werden: beim Aufwärmen oder auch danach, um die Regeneration zu fördern. Wir haben eine Massagepistole getestet und für euch recherchiert, was hinter diesen wie Akkubohrer anmutenden Geräten steckt.
Was genau ist eine Massagepistole?
Eine Massagepistole ist ein handliches Gerät, das auf den ersten Blick wie ein Akkubohrer aussehen kann. Zur Massagepistole gehören außerdem verschiedene Aufsätze, die in unterschiedlichen Körperregionen und für unterschiedliche Muskelgruppen zum Einsatz kommen.
Welcher Aufsatz wird wofür verwendet?
Zum Beispiel gibt es eine weiche Massagekugel für größere Bereiche. Des Weiteren den „Flachkopf-Aussatz“, der eine große, flache Oberfläche hat und so für größere Muskelgruppen geeignet ist. Außerdem gibt es spitz zulaufende Aufsätze wie zum Beispiel den sogenannten „Patronen-Aufsatz“, der die Kraft auf einen Punkt konzentriert, sodass man damit am besten punktgenau vorgehen kann. Er kann zum Beispiel zur Triggerpunktmassage eingesetzt werden. Den Gabel-Aufsatz verwende ich besonders gerne für die Massage am Rücken: durch die Gabelform kann man die Wirbelsäule aussparen. (massagepistole-test.de) Das Massagegerät bietet außerdem die Möglichkeit, die Vibrationsstärke einzustellen und so die Stärke der Schläge zu bestimmen.
1) Flat/Flachkopf-Aufsatz | aufgrund großer, flacher Oberfläche für große Muskelgruppen geeignet |
2) Adze | |
3) Round/Kugel-Aufsatz | besonders weich, für größere Bereiche, z.B. zur Hand-, Rücken-, Gesäß- und Beinmassage |
4) Fork/Gabel-Aufsatz | besonders für Nacken- und Wirbelsäulen- sowie Achillessehnenmassage |
5) Golden Finger | zur Massage von Weichgewebe |
6) Bullet/Patronen-Aufsatz | geeignet für die Handflächen sowie Fußsohle oder zur Triggerpunktmassage |
Mögliche Vorteile einer Massagepistole
Massagepistolen sollen angeblich durch die schnelle, kräftige Vibration Muskelverspannungen beseitigen können. Sie sollen sogar tiefliegende Verspannungen lösen, die per Hand nicht leicht erreicht werden können. Des Weiteren sollen sie verklebte Faszien lösen sowie Schwellungen und Entzündungen lindern können.
Die schnellen Schläge fördern angeblich die Durchblutung. Infolgedessen wird das Muskel- und Fasziengewebe gelockert.
„Ziel ist eine gesteigerte Durchblutung des Gewebes, um extrazelluläre Flüssigkeiten wie venöses Blut und Lymphflüssigkeit abzutransportieren. Dieser Effekt soll die Regeneration fördern und Schmerzen lindern.“
Massagepistole: sinnvoll oder gefährlich? | gesundheit.de
Auch ergänzend zum Sport kann die Muskelpistole eingesetzt werden. Beim Aufwärmen, um die Durchblutung zu fördern, Muskeln zu lockern und so die Wahrscheinlichkeit zu reduzieren, dass man sich beim Sport verletzt. Nach dem Sport kann man die Pistole einsetzen, um die Regeneration zu begünstigen und Muskelkater vorzubeugen sowie Lymphflüssigkeit abzutransportieren.
Insgesamt reduziert die Massagepistole also insbesondere Beschwerden, die zum Beispiel durch eine ungesunde Haltung am Arbeitsplatz entstehen, wie Nacken- oder Rückenschmerzen. Des Weiteren Beschwerden, die nach dem Sport entstehen. Und das angeblich durch eine Anwendung von wenigen Minuten.
Ist die Massagepistole wirklich so gut, wie behauptet wird? – Studien zur Massagepistole
Die Studienlandschaft zur Massagepistole hält sich noch ziemlich in Grenzen. Ein paar konnten wir für euch dennoch ausfindig machen:
Vergleich von Massage und Vibrationstherapie zur Vorbeugung von Muskelkater
Eine Studie aus dem Jahr 2014 hat festgestellt, dass Vibrationstherapie genau so erfolgreich wie Massage zur Vorbeugung von Muskelkater eingesetzt werden kann, wobei Vibration sogar zu klinisch frühzeitiger Schmerzreduktion geführt hat und die LDH-Konzentration schnell reduziert wurde.
Imtiyaz S, Veqar Z, Shareef MY. To Compare the Effect of Vibration Therapy and Massage in Prevention of Delayed Onset Muscle Soreness (DOMS). J Clin Diagn Res. 2014 Jan; 8(1): 133-6. doi: https://doi.org/10.7860/JCDR/2014/7294.3971. Epub 2014 Jan 12. PMID: 24596744; PMCID: PMC3939523.
Vergleich der Wirkung von statischem Dehnen und lokaler Vibration auf die Flexibilität des dreiköpfigen Wadenmuskels
Eine Studie aus dem Jahr 2020 hat gezeigt, dass sich die Flexibilität des dreiköpfigen Wadenmuskels durch Behandlung mit Vibration genau so sehr verbessert wie durch statisches Dehnen. Somit kann die Behandlung mit Massagepistolen eine sinnvolle Alternative darstellen, vor allem, weil sie als einfacher und bequemer gilt, um Erfolge zu erzielen.
Park, S. (2020). Effect of Local Vibration on Triceps Surae Flexibility Compared to Static Stretching. The Journal of Korean Physical Therapy. https://doi.org/10.18857/jkpt.2020.32.4.245
Wirkung von Massagepistolen auf den unteren Rücken
Eine Studie aus dem Jahr 2021 hat demonstriert, dass Massagepistolen Teil eines strukturierten Aufwärmprogramms sein sollten, da sie die Beweglichkeit verbessern und Muskelkater verringern, wobei gleichzeitig kein negativer Effekt auf die Muskelaktivierung festgestellt wurde. Sie könnten außerdem Teil eines Rehabilitationsprogramms werden, da sie den Bewegungsumfang erhöhen und den wahrgenommenen Schmerz mildern.
Martin, Jack. (2021). A critical evaluation of percussion massage gun devices as a rehabilitation tool focusing on lower limb mobility: A literature review. https://doi.org/10.31236/osf.io/j9ya8
Massagepistole und Langlebigkeit
Jetzt wissen wir einiges über Massagepistolen – aber was haben diese mit Langlebigkeit und der Alternsforschung zu tun?
„Schmerzen wegschießen mit der Massagepistole“
Eine wichtige Komponente dessen, was man bereits heute tun kann, um möglichst lange gesund zu leben, ist Sport zu treiben. Da die Massagepistole gerade beim Sport häufig eingesetzt wird, gehört sie für uns zu den Geräten, die einen eher dazu motivieren können, Sport zu treiben. Denn die Massagepistole reduziert Beschwerden, die mit dem Sport einhergehen können, wie beispielsweise Muskelkater. Für mich persönlich war Joggen beispielsweise sehr unangenehm, da ich danach oft Nackenschmerzen hatte. Nun habe ich jedoch eine Massagepistole und kann meinen Nacken nach dem Joggen damit entspannen. Ich hoffe also, dass die Massagepistole für manche die Hemmschwelle für Sport reduziert.
„Entspannung auf Knopfdruck mit der Massagepistole“
Des Weiteren kann man die Massagepistole auch generell zur Massage und zur Entspannung nutzen, beispielsweise nach einem stressigen Arbeitstag. Sie kann dadurch helfen, Cortisol abzubauen. Cortisol ist ein Stresshormon, das Zellen frühzeitig altern lässt. Diese frühzeitige Alterung könnte man so also vorbeugen. Dazu müsste man jedoch zugegebenermaßen nicht unbedingt eine Massagepistole nutzen, auch andere Entspannungstechniken sind eine Option.
Ist die Massagepistole gefährlich? – Mögliche Einwände
Ursprünglich kam die Massagepistole vor allem bei Profisportlern zum Einsatz. Nun hat sie jedoch auch den Markt von Amateuren erreicht. Laut einigen Experten kann der unprofessionelle Einsatz von Massagepistolen jedoch auch Gefahren bergen. Da sie kein Medizinprodukt sind, gibt es keine Untersuchungen für die Zulassung und wie bereits erwähnt auch noch nicht besonders viele Studien, die Aufschluss darüber geben, wie hilfreich (oder gefährlich) das Produkt ist. Da die Massagepistolen jedoch starke Vibrationen erzeugen können, sollte man sich zumindest vorsichtig herantasten.
Laut Kritikern könne die Nutzung nämlich auf falsche Weise oder zu lange erfolgen, sodass die Schläge der Massagepistole Schäden zur Folge haben könnten. Man sollte sich die richtige Anwendung also am besten vorab von einem Physiotherapeuten zeigen lassen.
Hilft die Massagepistole bei Muskelkater?
Falls außerdem Muskelkater bereits vorhanden ist, sollte die Massagepistole auch nicht genutzt werden. Muskelkater entsteht nämlich durch sportliche Aktivitäten, sodass kleine Risse in den Muskeln entstehen. Diese rufen Entzündungen hervor, sodass Wasser eindringt und der Muskel anschwillt. Wendet man nun die Massagepistole an, führt diese aufgrund der starken Schläge eher zu zusätzlicher mechanischer Irritation der Muskulatur als zu einer stärkeren Durchblutung (und somit Linderung). Insgesamt ist man sich hier jedoch uneinig, ob die Massagepistole wirklich zu stark vorgeht und somit zur Irritation führt oder ob sie auch „schwach genug“ eingesetzt werden kann, sodass sie die Durchblutung fördert und sich so die Versorgung beschädigter Muskelfasern mit Nährstoffen verbessert und die Massagepistole auf diese Weise sogar bei Muskelkater helfen kann.
Beachtet werden sollte darüber hinaus, dass die Massagepistole keinen Ersatz für eine Physiotherapie darstellt, sondern höchstens ergänzend oder als Wellnessgerät zum Einsatz kommen kann.
Wir testen eine Massagepistole
Ich habe diese Massagepistole getestet.
Sie wurde in einem handlichen Köfferchen geliefert, jedoch zu meinem Schrecken „nur“ mit sechs Aufsätzen statt mit zehn. Man muss bei der Bestellung leider sehr darauf achten, welches Modell man auswählt. Ich habe das Gerät dennoch nicht zurückgesendet, sondern gleich getestet.
Es gibt 30 Vibrationsstufen und eine Akkuanzeige bis zehn. Des Weiteren enthielt der Koffer eine Übersicht der Aufsätze sowie darüber, wie welcher Aufsatz wo verwendet wird, zusammen mit Abbildungen. Leider aber nur auf Englisch.
Ich hatte mich für dieses Modell entschieden, da es mir wichtig war, dass das Gerät nicht allzu laut ist. Bei anderen Geräten hatte mich die Lautstärke sehr abgeschreckt, da ich das Gerät vor allem zum Entspannen einsetzen wollte und das meiner Meinung nach nicht möglich ist, wenn man das Gefühl hat, man hätte einen lauten Bohrer neben sich.
Was ich beim Kauf noch nicht wusste, ist, dass man auf die Amplitude achten sollte. Diese gibt an, wie tief die Schläge wirken. Von ihr ist es also vor allem abhängig, ob auch die tiefliegende Muskulatur erreicht wird. Mein Modell hat eine Amplitude von 14 mm.
Was ich ebenfalls nicht bedacht hatte, ist das Gewicht. Die Massagepistole, die ich gekauft hatte, wiegt 890 g und ist meiner Meinung nach zu schwer, um sich selbst entspannt am Rücken massieren zu können. Mir gelingt das nicht ohne Hilfe einer anderen Person. Generell kann ich die Anwendung zum Entspannen eher empfehlen, wenn eine helfende Hand zur Verfügung steht. Für die Massage alleine ist solch ein großes Modell jedoch nicht geeignet. Jedoch gibt es auch dafür mittlerweile sogenannte „Mini-Massagepistolen“, die ich bisher nicht getestet habe.
Fazit
Insgesamt muss ich zugeben, dass die Massage für mich gewöhnungsbedürftig war. Bei der ersten Massage habe ich deutlich gespürt, wie verspannt der obere Bereich meines Rückens gewesen war, was mir VOR der Massage tatsächlich noch gar nicht so bewusst war, obwohl ich regelmäßig nach der Arbeit oder nach dem Sport an Nackenschmerzen gelitten hatte. Über einen Monat nach dem Kauf benutze ich die Massagepistole mittlerweile sehr gerne zur Entspannung meines Nackens nach dem Sport oder nach der Arbeit. Vor dem Joggen benutze ich sie außerdem zum Aufwärmen im Wadenbereich und nach dem Joggen im Wadenbereich, um Muskelkater vorzubeugen. Des Weiteren nutze ich sie manchmal zur Massage der Handflächen und Fußsohlen. Zur Anwendung im Rückenbereich benötige ich jedoch Hilfe von einer weiteren Person.
Mein persönliches Fazit ist, dass Personen wie ich, die häufig an Nackenschmerzen leiden, die Massagepistole gerne ausprobieren können, um die Beschwerden zu lindern oder sich generell zu entspannen. Einen außergewöhnlichen Effekt darüber hinaus habe ich aber nicht feststellen können.
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